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Heidenfeld muss Kloster werden – und bleiben – Vor 950 Jahren wurde das Kloster Heidenfeld gestiftetMajestätisch steht er da, der Klosterbau Heidenfelds aus dem Jahre 1723. Viel älter als die Konventsgebäude des fränkischen Barockbaumeisters Balthasar Neumann ist die Klostergründung selbst. Sie reicht in die Mitte des 11. Jahrhunderts zurück. Der Grund für die fromme Stiftung 10 Kilometer südlich von Schweinfurt wird heute nur noch in einer Legende überliefert, eine traurige noch dazu. Kornad, der junge Sohn von Alberada, soll beim Spielen auf dem gefrorenen Main bei Schweinfurt eingebrochen sein.

Alberada legte das Gelübde ab, an der Stelle, wo ihr Sohn gefunden werden sollte, ein Kloster zu errichten. Kurz darauf habe der Main die Leiche des jungen Markgrafensohnes bei Heidenfeld an Land gespült. Die genauen Quellen existieren heute nicht mehr. Doch ein Datum ist in einer abgeschriebenen Urkunde belegt und überliefert: der 7. Juli 1069. Exakt vor 950 Jahren also erschien vor Bischof Adalbero in Würzburg die Schweinfurter Markgräfin Alberada mit ihrem Ehemann Hermann von Habsberg-Kastl sowie weiteren Würdenträgern. Es war ein frommer Anlass. Das Markgrafenehepaar, das ein Jahr später im Jahr 1070 auch das Kloster Banz aus der Taufe hob, stellte seinen Besitz in und um Heidenfeld im damaligen Volkfeldgau dem Bischof für eine Klostergründung zur Verfügung. Die abgeschriebene Stiftungsurkunde hält es fest. Zur Neugründung fügten sie noch ihre Besitzungen in den Dörfern Öttershausen, Dächheim, Theilheim, Schwanfeld, Wipfeld, Opferbaum, Bergtheim, Dipbach, Stammheim, Volkach, Gernach, Eullendorff, Hirschfeld, Ober- und Untespiesheim, Herlheim, Grettstatt, Niederwerrn und Kolitzheim hinzu. Damit war das Stift von Anfang an gut begütert. Bischof Adalbero war nun gehalten, einen Orden zu finden, der sich auf eine Klostergründung in Heidenfeld einlässt. Ganze zwei Jahre Später, im Jahr 1071, war dieser Auftrag und Stifterwille erfüllt: die Augustiner-Chorherren zogen in Heidenfeld ein und blieben schließlich bis zur Säkularisation im Jahre 1803.Der erste Propst war Otto I. aus Passau, dem die Aufgabe zufiel, das neu errichtete Stift mit Leben zu füllen und das Klostergut samt seiner Besitzungen zu verwalten. Daneben war seit der Heidenfelder Klostergründung der Stiftspropst auch zugleich Pfarrer der Urpfarrei Wipfeld, zu der auch Heidenfeld und andere Ortschaften gehörten. Prunkvoll ist noch heute das Heidenfelder Propstwappen über dem Eingang des Wipfelder Pfarrhauses angebracht. Im Mittelalter erhielten die Pröpste vom Papst in Rom dann auch das Privileg verliehen mit Mitra und Stab Gottesdienst zu feiern. Wie bei Bischöfen und Äbten oder höheren Geistlichen.

Im Jahre 1141 schließlich, am 5. Dezember, errichtete Bischof Embricho von Würzburg die Pfarrei St. Mauritius zu „Heydenfeldt“ und trennte sie damit von der Wipfelder Urpfarrei ab.

An der Heidenfelder Klostergeschichte kann man exemplarisch die gesamte Kirchengeschichte des Mittelalters bis in die Neuzeit ablesen. Alle Höhen und Tiefen von fast 8 Jahrhunderten hat auch das Heidenfelder Stift St. Mauritius - wie es genannt wurde - durcherlebt. Ob Bauernkrieg, Pestzeit, Dreißigjähriger Krieg, hier vor allem der Schwedische Krieg, ob Reformation oder Gegenreformation: Allen Epochen hat sich das Heidenfelder Kloster immer gestellt und die bewegten Zeiten standhaft überdauert. Und das, obwohl das Kloster mehrmals einem Brand oder plündernden Horden zum Opfer fiel.

Zahlreiche Mutmaßungen und Erwähnungen des altehrwürdigen Klosters finden sich in Geschichtsbüchern, ohne dass man dies heute mit gedruckten Quellen belegen kann. So soll der gebürtige Wipfelder Conrad Celtis von einem Augustinerchorherr seinen ersten und prägenden Unterricht erhalten haben, der Schriftsteller Hugo von Trimberg ebenso.

Der Reichsdeputationshauptschluss bedeutete das vorläufige Ende des Klosters, das sich mit keinem Geringeren als den fränkischen Baumeister Balthasar Neumann von 1723-1733 einen beeindruckenden Neubau errichten ließ. Der beauftragende Propst damals war Sigismund Derleth, ein gebürtiger Haßfurter. Sein Porträt hängt noch heute in den beeindruckenden Klostergängen. Die Chorherren selbst mussten das Kloster verlassen, bekamen eine staatliche Pension oder wurden im Bistum Würzburg als Pfarrer übernommen. So war zum Beispiel Peter Papius der erste Pfarrer der neu errichteten Pfarrei Heilig Geist in Schweinfurt. Auch in Heidenfeld, Wipfeld, Fahr und Röthlein finden sich ehemalige Mönche des Chorherrenstiftes als Seelsorger wieder. Als das Kloster infolge der Säkularisation in die weltlichen Hände der Freiherren von Bodeck-Ellgau fiel, gereichte es den neuen Besitzern nicht zum Segen. Nicht einmal hundert Jahre dauerte das Intermezzo, ehe im Jahre 1901 die verarmten adeligen Klosterbesitzer ihr „Schloß Heidenfeld“, wie sie es nannten, über die örtliche Raiffeisenbank an die Töchter des allerheiligsten Erlösers aus Würzburg verkauften, unsere heutigen Erlöserschwestern. Damit wurde auch ein sehnlicher Wunsch Kardinal Faulhabers (1869-1952) erfüllt. Er war selbst in Klosterheidenfeld geboren und ging schon als Kind und Jugendlicher im Kloster ein und aus. Ein Ausspruch von ihm wird bis heute überliefert: „Heidenfeld muss Kloster bleiben.“ Durch seine Vermittlung konnten die Schwestern des Erlösers das herunter gekommene Schlossgut kaufen und zu neuer Blüte verhelfen. Bis zum heutigen Tag.

Erlöserschwestern

„Heidenfeld muss Kloster bleiben“, diesen Ausspruch Faulhaber muss man zweideutig lesen. Heidenfeld wurde dermaßen mit seinem Kloster identifiziert, dass man beim Ortsnamen jahrhundertelang offiziell von „Klosterheidenfeld“ sprach. Die hiesige Freiwillige Feuerwehr oder die Raiffeisenbank zum Beispiel wurden also in „Klosterheidenfeld“ gegründet. Auch Kardinal Faulhaber bezeichnet in seiner Autobiographie seinen Geburtsort als „Klosterheidenfeld“. In Mainfranken war diese Unterscheidung auch deshalb eine Erleichterung, weil sich das andere Heidenfeld am Untermain im Gegensatz zu Klosterheidenfeld „Marktheidenfeld“ nannte und bis heute auch noch so genannt wird. Damit war eine Verwechslung ausgeschlossen, auch mit dem ähnlich klingenden Heidingsfeld bei Würzburg (heute ein Stadtteil von Würzburg). Weil den Nationalsozialisten das Wort „Kloster“ ein Dorn im Auge war, verschwand diese Beifügung im kleinen Dorf des Bezirksamts Schweinfurt klammheimlich und wurde von da an nie mehr so genannt.

Eine große Feier zum 950. Gründungsjubiläum des Klosters findet nicht statt. Die Augustiner-Chorherren mussten ja schon vor über 215 Jahren ihr Kloster verlassen. Spuren der Heidenfelder Mönche finden sich aber heute noch in der Gemeinde Röthlein. So weist das Mauritiuskreuz im offiziellen Gemeindewappen auf die Verbundenheit des Dorfes Heidenfeld mit seinem Kloster hin. Auch das ehemalige Gasthaus zum Goldenen Kreuz darf einen schönen Wirtshausausleger mit dem Mauritiuskreuz sein Eigen nennen. Verkauftes Säkularisationsgut aus dem ehemaligen Stift findet sich noch heute zuhauf im Landkreis Schweinfurt und darüber hinaus. So wanderten Einrichtungsgegenstände der ehemaligen doppeltürmigen und später abgerissenen Stiftskirche nach Hirschfeld, Wipfeld, in die Dorfkirche von Heidenfeld, auf den Marktplatz von Gerolzhofen oder in die evangelische Johanniskirche nach Schweinfurt. Ölgemälde finden sich heute in der Gernacher Pfarrkirche oder auf der Festung Marienberg wieder. Die Bücher aus der berühmten Heidenfelder Bibliothek haben wohl den weitesten Weg hinter sich gebracht. Sie sind weltweit zu finden, aber auch in der unterfränkischen Region. So haben die ehemalige Franziskanerbibliothek in Dettelbach, das Gymnasium zu Münnerstadt, die Unibibliotheken in Würzburg und Heidelberg und sogar einzelne Bibliotheken in Schweden und den USA ehemalige Bücher aus der Heidenfeldenfelder Stiftsbibliothek in ihren Regalen stehen. Die überlieferten Urkunden und Wirtschaftsbücher des säkularisierten Stifts werden bis heute im Würzburger Staatsarchiv aufbewahrt.

Heidenfeld ist Kloster geblieben, wenn auch mit einer Unterbrechung. Die Bevölkerung ist jedenfalls froh und stolz, dass mit den Erlöserschwestern klösterliches Leben in Heidenfeld Bestand hat. Und hoffentlich noch lange haben wird. 

Stefan Menz, Kreisheimatpfleger, Heidenfeld, 03.07.2019

Fotos zur freien Verwendung anbei.

 

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