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„Heidenfelds berühmtester Sohn“ – am 26.04.2019 im Festsaal des Klosters Maria Hilf in Heidenfeld„Heidenfelds berühmtester Sohn“Viele Interessierte und Gäste waren der Einladung des Historischen Vereines Heidenfeld zum Festvortrag von Dr. Peter Pfister mit dem Thema "Kardinal Michael von Faulhaber 1917-1952 –Erzbischof in bewegten Zeiten" gefolgt. Dieser Vortrag war ein weiterer Höhepunkt zur Feier des 150. Geburtstags des wohl bekanntesten Sohnes der Gemeinde Heidenfeld.

Der Vorsitzende des Historischen Vereins Heidenfeld und Kreisheimatpfleger Stefan Menz gab seiner Freude Ausdruck, dass mit Peter Pfister einer der renommiertesten Forscher über Leben und Bedeutung des Kardinals Faulhaber als Referent engagiert werden konnte. Pfister war bis Juli 2018 Leiter des Archivs und der Diözesanbibliothek des Erzbistums München und Freising und hat sich intensiv mit Leben und Wirkung Faulhabers auseinandergesetzt. 

Sohn eines Bäckers und Landwirts 

Ein Bild des Kardinals aus dem Jahr 1933. Foto: Repro-Peter Pfister

Geboren wurde Michael Faulhaber als Sohn eines Bäckers und Landwirts am 5. März 1869 in Klosterheidenfeld, wie Heidenfeld damals noch hieß. Dank des Ortspfarrers, der die Fähigkeiten des jungen Michael erkannte, besuchte er die höhere Schule (Abitur 1888/89), wurde Priester und promovierte. 

1903 wurde er Professor für die Auslegung des Alten Testaments und biblische Theologie in Straßburg. Als Dekan der katholisch-theologischen Fakultät setzte er sich dort intensiv für das Frauenstudium ein.  

1911 wurde Faulhaber Bischof von Speyer. 1913 von König Ludwig III. in den persönlichen Adelsstand erhoben, wurde er 1914 zum stellvertretenden Feldprobst der bayerischen Armee ernannt. Dazu unternahm er 1915/16 mehrere Besuche an der Front und predigte in Schützengräben. 1917 wurde er Erzbischof von München und Freising. 

Enges Verhältnis zu Papst Pius XII.

Faulhaber entwickelte ein enges Verhältnis zu Nuntius Eugenio Pacelli, dem späteren Papst Pius XII. (1939 bis 1958). Dadurch hatte er großen Einfluss in Rom. Die Deutschlandpolitik von Pius XII. wurde von den Einschätzungen des Kardinals wesentlich beeinflusst. 

Nach dem Zweiten Weltkrieg (1939 bis 1945) hatte Faulhaber die Hoffnung, dass die Gesellschaft sich wieder intensiver dem christlichen Glauben zuwende. Die Flüchtlingsströme und die damit verbundenen Herausforderungen ließen diese Hoffnungen jedoch nicht in Erfüllung gehen. Unabhängig davon setzte er sich intensiv dafür ein, dass der notleidenden Bevölkerung nach dem Krieg geholfen wurde. Am 12. Juni 1952 starb der Kardinal, während die Fronleichnamsprozession durch Münchens Straßen zog. 

Die Haltung Faulhabers in der NS-Zeit

Ausführlich ging der Referent auf die Haltung und Handlungen Faulhabers während der NS-Zeit ein. "Bis einigermaßen konsolidierte Aussagen zu Kardinal Faulhaber unter dem NS-Regime möglich sein werden, wird es noch Jahre dauern, obwohl gerade diese Epoche bisher schon im Zentrum der Forschung und der öffentlichen Debatte stand"- so Pfister zu Beginn seiner Ausführungen zum Verhältnis von Faulhaber zum NS-Regime. Und weiter führte er aus: "Er erwies sich in der Öffentlichkeit als äußerst ambivalenter Akteur. Obwohl er die nationalsozialistische Ideologie ablehnte und angesichts der Verbrechen des Regimes entsetzt war, konnte er sich nicht zu einer grundsätzlichen öffentlichkeitswirksamen Verweigerung durchringen." 

Offene Fragen

Trotzdem nahmen die Nationalsozialisten ihn als Gegner wahr,was sich auch darin zeigte, dass 1934 Schüsse auf das Bischofspalais abgegeben wurden. 1938, während der Reichspogromnacht, wäre des Palais beinahe erstürmt worden. 1934 kämpfte Faulhaber laut Aussagen des Forschers gegen das Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses, aber er war nicht für eine öffentliche Ächtung des Euthanasieprogramms zu gewinnen, ebenso wenig für eine Verurteilung der Judenverfolgung. 

Offen ist die Frage, wie sich diese Situation für den Kardinal darstellte, welche Informationsquellen ihm zur Verfügung standen. Faulhaber lieferte den ersten Entwurf zur Enzyklika "Mit brennender Sorge" von Papst Pius XI, die im März 1937 veröffentlicht wurde und sich unter anderem gegen die Verletzungen des Reichskonkordates aus dem Jahr 1933 und  die Verfälschung der Bibelinterpretation durch die Nationalsozialisten wandte. 

Von Hitler getäuscht

Es war ihm klar, dass er sich mit diesen Äußerungen klar gegen die herrschende Ideologie positionierte. Er wehrte sich auch dagegen, die Aufzeichnungen in den Pfarrmatrikeln an die NS-Machthaber zu übergeben. So waren Christen mit jüdischen Vorfahren, die zum Katholizismus konvertiert waren, vor Verfolgung geschützt, oder es war zumindest schwerer, den Nachweis zu führen, dass sie jüdische Vorfahren hatten. In seiner Eigenschaft als Vorsitzender der Bayerischen Bischofskonferenz sorge er dafür, dass in allen Bayerischen Diözesen diese Übergabe nicht erfolgte. 

Pfister fasste den aktuellen Forschungsstand zusammen: "Bisher deutet einiges darauf hin, dass er stark in patriotischen und antisozialistischen Kategorien dachte, an eine von Gott gesetzte Obrigkeit glaubte, nach der Machtübernahme Legalität mit Legitimität verwechselte und sich immer wieder von Hitlers staatsmännischer Glaubwürdigkeit täuschen ließ."

Tagebücher werden ausgewertet

Weiteren Aufschluss über die Motive seines Handelns erwartet man sich von der Auswertung seiner Tagebücher, die er lebenslang führte. Überhaupt seien weitere Forschungen notwendig, so der Referent abschließend.

Anhaltender Beifall belohnte den Referenten für seine spannenden Ausführungen.

 

Erhard Scholl, Schweinfurter Tagblatt, 05.05.2019

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